Lebenskrise als Chance zu Wachstum

Fast jeder Mensch kennt sie: Die kleinen und großen Krisen des Lebens. Ob Pubertät, Midlife-Crisis, Scheidung oder Beziehungsende, Todesfall eines nahestehenden Menschen, Verlust der Arbeitsstelle, oder ein Bruch in langjährigen Freundschaften. Alle diese Umstände können uns in eine tiefe Krise stürzen, die für uns schwer zu meistern scheint. Viele Leute erleben mittlere bis schwere Depressionen in solchen Umbruchzeiten, wo gelegentlich ein Weltbild zusammenbricht. Doch das, was aus einer Ebene negativ und mitleiderregend scheint, dient aus einer höheren Ebene gesehen oft zu etwas Positivem. Lebenskrisen helfen uns oft, unsere Komfortzonen zu verlassen und eine Änderung in den Lebensumständen herbeizuführen.

Wir alle genießen es, wenn das Leben unseren Wünschen und Erwartungen entsprechend verläuft. Wenn wir das Gefühl haben, das Leben „unter Kontrolle“ zu haben, fühlen wir uns sicher und geborgen. Doch, wenn wir ehrlich sind, ist dieses Gefühl nichts mehr als eine Illusion. Denn das Leben spielt oft anders, als von uns gedacht, erhofft und erwartet. So helfen uns die Lebenskrisen oft dabei, uns diese Illusion bewusst zu werden. Solche Desillusion sorgt oft für Ent-Täuschungen, die uns tief treffen.

Solange das Leben unseren Vorstellungen entsprechend verläuft, lernen wir wenig

Die herausfordernden Situationen und Umständen dagegen helfen uns zu wachsen und reif zu werden. Trennungen in der Partnerschaft, Verlust des Arbeitsplatzes, Todesfall eines uns nahestehenden Menschen, Auszug des Kindes aus dem Elternhaus, das Ende einer Freundschaft und Ähnliches sind oft Auslöser für emotionale Krisen. Sie werden als schmerzhaft empfunden. Wir fühlen uns oft einsam in unserem Leid und empfinden Selbstmitleid. „Warum passiert mir all dies?“ Mehr als oft genug entsteht eine Lebenskrise aus mehreren „kleinen Krisen“. Es ist wie ein Dominospiel: Fällt ein Stein, so sorgt er für eine Kettenreaktion und nimmt mehrere Steine mit sich, bis wir völlig am Ende sind. Fast alle Menschen steckten mindestens einmal in ihrem Leben in so einer Situation.

Auch ich war davon betroffen

Rückblickend würde ich sagen, dass die ersten dreißig bis zweiunddreißig Jahre meines Lebens von mittleren bis schweren Depressionen geprägt waren. Doch ihren Peak erreichte die Situation Ende 2012, als ich mich von meinem damaligen Partner trennte. Was nach der Trennung geschah, war wie außerhalb meiner Kontrolle. Das war genau der Dominoeffekt, den ich vorhin erwähnt hab. Alles Erdenkliche ging in meinem Leben schief! Auch mein inneres Leben war eine reine Katastrophe, geprägt von Süchten, Depressionen, selbstzerstörerischem Verhalten und einer unbeschreiblichen Leere. Was nicht verwunderlich ist. Wie Innen so Außen. Doch nur wenige Jahre später, Anfang 2016 wusste ich, dass all diese Umstände, in aller Härte, die sie mich getroffen hatten, das wertvollste Geschenk gewesen war, das das Leben mir je gemacht hatte.

All diese Lebenskrisen, die aus der dreidimensionalen Ebene so schmerzhaft waren und so negativ erschienen, waren – aus der höheren Perspektive gesehen – dafür da, um mich aus meinen Komfortzonen herauszufordern und mich zur Selbsterkenntnis und höherem Wissen zu bringen.

In meinem BuchDas kleine schwarze Fischlein – Ein Liebesbuch nehme ich die Leser mit auf meinen Weg raus aus Krisen und Schwierigkeiten in die Welt der Liebe, des inneren Friedens und der Vollkommenheit.

Was ich damit andeuten will,

ist, dass ich sehr wohl weiß, wie sich solche Lebenskrisen anfühlen. Ich kenne das Hadern, das Gefühl der Hilfslosigkeit. Es ist viel leichter, darüber zu sprechen, wenn wir da wieder raus sind. Wir fühlen uns oft vom Leben überrollt. Das Leben scheint außerhalb unterer Kontrolle zu sein und wir werden immer mehr zu einem Zuschauer, als dass wir die Kraft haben, den Steuer in die Hand zu nehmen und das Leben zu lenken. Das Leben scheint uns zu „passieren“. Manchmal verlieren wir sogar unseren Lebensmut und Lebenswillen. Wir resignieren und fühlen uns hilflos, orientierungslos, ohnmächtig, gelähmt und schwach. Diese Emotionen und Wahrnehmungen sind alle berechtigt – zumindest am Anfang. Denn wir wurden ja quasi aus den uns bekannten und gewöhnten Bahnen des Alltags geworfen. Doch entscheidend ist, wie lange wir in dieser Phase des Selbstmitleids bleiben. Denn, wenn Krisen zu Gewohnheit werden, ist die Dramasucht im Spiel.

Einen ungültigen Glaubenssatz möchte ich an dieser Stelle vorwegnehmen

Oft höre ich: „Wie wir mit einer Lebenskrise umgehen, hängt davon ab, wie alt wir sind. Je älter wir werden, desto leichter gehen wir mit schwierigen Situationen um.“ Diese Aussage ist richtig und falsch gleichzeitig! Es kommt immer darauf an, auf wen sich diesen Altersvergleich bezieht. Wenn wir uns mit einer jüngeren Version von uns selbst vergleichen, mag sich diese Aussage in manchen – oder wenn wir optimistisch sein wollen, in vielen – Fällen als gültig erweisen. Wenn wir fleißig aus unseren Erfahrungen gelernt haben und bereits waren, unsere Muster zu erkennen, werden wir hoffentlich schwierige Lebensumstände mit fünfzig besser bewältigen, als wir sie mit dreißig bewältigt haben. Doch dieser Vergleich ist klar und deutlich ungültig, wenn wir ihn verallgemeinern und auf andere Menschen beziehen. Wenn wir uns die Illusion begeben, dass z.B. dreißigjährige Menschen im Allgemeinen Lebenskrisen schlechter bewältigen können, als Fünfzigjährige!

Ich kenne unzählige Menschen in ihrem mittleren Alter, die sich von schwierigen Lebensphasen viel leichter überrollen lassen, als manch Jüngere. Wie wir mit Schwierigkeiten umgehen und was wir überhaupt als „herausfordernd“ empfinden, hängt von der Seelenreife, dem Seelenalter, dem Seelenplan und unseren Einstellungen ab. Das physikalische Alter ist nichts mehr und nichts weniger als ein Indiz dafür, wann unser momentanes Erdenleben angefangen hat. Es ist weder ein Zeichen der Reife noch eins des Wissens oder gar der Weisheit. Daher kann ich jedem nur empfehlen, sich von diesem Glaubenssatz zu trennen. Denn er sabotiert und bremst uns nur in unserer persönlichen Entwicklung und hält uns klein.

Wie kommen wir aus Lebenskrisen heraus?

Das Leben ist ein Ozean und wir sind Taucher. Lebenskrisen sind oft dabei die Übergangsstufe von einer Tiefe in die andere. Das sind die Momente, die wir uns auf der Seelenebene so geplant haben, dass sie uns noch tiefer in uns führen. Und kein Mensch hat sich auf der höheren Bewusstseinsebene mehr Gepäck eingepackt, als er tragen kann. Aus meiner Erfahrung und Beobachtung komme ich zum Schluss, dass Lebenskrisen oft an den Übergängen von einer Bewusstseinsebene in eine Höhere Platz nehmen. Für mich gelten sie als die „letzten Lektionen“ in der aktuellen Bewusstseins Ebene, die noch zu lernen sind, bevor wir eine höheren Bewusstseinsebene betreten können. Oder es sind Prüfungen, die noch zu meistern sind, eh wir unser Bewusstsein erweitern können.

Die anfängliche Phase des Selbstmitleids ganz natürlich und gar gesund

In dieser Phase beschuldigen wir oft andere für unseren Schicksalsschlag. Doch, das, was uns für eine kurze Zeit dient, kann extrem toxisch und destruktiv werden, wenn wir lange darin bleiben. Denn mit der Zeit identifizieren wir uns mit der Opferrolle und dem damit verbundenen Leid. Somit wird die Opferrolle zu unserer Komfortzone. Es ist in der Tat sehr bequem, ein Opfer zu sein. Als Opfer geben wir die Verantwortung für unser Leben ab und machen andere Menschen oder gar eine höhere Macht für die Probleme in unserem Leben verantwortlich. Damit geben wir die Kontrolle und die Macht über unser Leben ab.

Daher ist es wesentlich, nach einer kurzen Zeit des Selbstmitleids langsam zu sich zu finden und die Initiative für das eigene Leben in die Hand zu nehmen. So wird die Krise, der wir uns einst zu Opfer gefallen fühlten, zu einer großen Chance zur Selbsterkenntnis und Entdeckung der tieferen Schichten unseres Seins. Dann wird aus der Frage: „Warum passiert mir all dies?“, die Frage: „Was will dies mir beibringen/zeigen?“ oder „Was versucht diese Situation mir bewusstzumachen?“ Mit solchen Fragen und Ähnlichen geben wir uns selbst die Möglichkeit, unbewusste Muster bewusstzuwerden und uns von ihnen zu lösen. Wer dies schafft, befreit sich von dem Teufelskreis der Wiederholungen.

Lebenskrise als Chance zu Wachstum

„Schwierige Zeiten lassen uns Entschlossenheit und innere Stärke entwickeln“, so Dalai Lama.

Das sind nur zwei Aspekte, die wir uns aus Lebenskrisen mitnehmen können. Die Auswahl ist viel größer. Lebenskrisen bieten uns große Chancen zu Wachstum. Wer einmal eine Lebenskrise erfolgreich überwunden und daraus seine Lektionen gelernt hat, der wird davon für sein Leben geprägt sein. So schön und angenehm, wie glückliche Momente des Lebens auch sind, Lernen und Wachsen tun wir erst aus herausfordernden Lebensumständen. Lebenskrisen „schubsen“ uns immer mehr in uns selbst. Sie bewirken, dass wir unsere Konzepte vom Leben überdenken. Sie zwingen uns dazu, unsere Komfortzonen zu verlassen und zu erkennen, dass wir zu weit mehr fähig sind, als bis dato vermutet.

Meine Lebenskrisen, die vor allem Ende 2012 ihren Lauf nahmen, brachten mich dazu, einen großen Umbruch in meinem Leben zu machen, und neue Dinge auszuprobieren. So wurde ich zu einem immer unabhängigeren und selbstbewussten Menschen. Heute bin ich sehr dankbar für all das, was ich in Folge dieser Krise erleben durfte. Denn jetzt sehe ich, was für einen Menschen sie aus mir gemacht haben. Sie gaben mir die Möglichkeit, mich in meinem Schatten und in meinem Licht zu erleben. Denn nur wer seine Schatten- und Lichtseite kennt, kann in seiner Mitte leben.

Lebenskrisen mögen sich „schicksalshaft“ anfühlen. Auch wenn ich davon überzeugt bin, dass wir selbst sie auf unseren Plan gesetzt haben. Doch, wie sie unser Leben verändern und was sie auf uns bewirken, entscheiden wir alleine. Wir haben die Möglichkeit, uns auf immer und ewig, wie Opfer des Schicksals zu fühlen. Oder die kritischen Zeiten als eine Chance zum Wachstum zu erkennen, woraus wir lernen und woran wir wachsen können.

Wir gehe ich mit schwierigen Lebensumständen um?

  • Akzeptiere die Umstände wie sie sind, anstatt gegen sie zu kämpfen

Je mehr wir gegen den Fluss des Lebens schwimmen und je mehr wir versuchen, Dinge zu erzwingen, desto mehr Enttäuschungen und Illusionen holen wir uns. Kämpfen kann sehr konstruktiv sein, wenn es die Zeit zum Kämpfen ist. Doch genauso zerstörerisch kann es werden, wenn es sich gegen uns selbst und unsere Entwicklung richtet. Daher ist vor allem in Zeiten einer Krise wesentlich, sich immer wieder bewusstzumachen, welche Änderungen in unserer Macht liegen und welche Umstände wir akzeptieren sollten.

  • Bleib hoffnungsvoll

Ich weiß, dass dies sich leichter anhört, als es sich umsetzen lässt. Doch es ist nun mal so, dass nichts und gar nichts in dieser Welt von Dauer ist. Das ist Tatsache. Und das weiß jeder, der sein Leben einmal kurz reflektiert hat. Angenehmes wie Unangenehmes kommen und gehen. Oder in Hafis´ Worten:

Hat des Himmels Dreh´n zwei Tage

Unserem Wunsch nicht willfahrt,

Traue nicht – denn was sich drehet,

Ist veränderlicher Art.

Hoffe stets, wenn auch dein Scharfsinn

Das Verborgene nicht entdeckt;

Hinter dem Vorhang gibt es Spiele,

Trauer nicht – gar tief versteckt.

Manchmal hilft es uns in schwierigen Zeiten, die einfache Erinnerung daran, dass auch dies vorbeigehen wird, was auch immer gerade uns so wichtig erscheint. Dabei helfen uns Erinnerungen an andere schwierigen Zeiten, die wir bereits überwunden haben. Frage dich, was dir damals geholfen hat, aus der Krise zu kommen.

Sprich über deine Lebenskrise mit Gleichgesinnten

Auch hier gilt: Geteiltes Leid, halbes Leid. Dabei ist es jedoch sehr wichtig, seine wunde Stellen und Dinge, die einen verletzlich machen, nur in einem Kreis loszuwerden, in dem man sich emotional sicher fühlt. Wenn wir in einer schwierigen Lebensphase stecken, glauben wir oft und gern, nur uns treffe das Schicksal so hart. Doch erst wenn wir in einen Austausch mit anderen Menschen kommen, wird uns bewusst, dass alle Menschen mehr oder minder etwas Ähnliches durchmachen. Lese Bücher von Menschen, die schwere Schicksalsschläge erlebt haben, aus denen sie jedoch viel reifer und gewachsener herausgekommen sind. Versuche herauszufinden, welches Geschenk diese Lebenskrise für dich versteckt hat. Schicksalsschläge haben oft karmische Hintergründe.

Lerne in Jetzt und Hier zu leben

Die Gedanken an eine Vergangenheit, deren Umstände nicht mehr ungeschehen gemacht werden können, oder Sorgen um eine ungewisse Zukunft, deren Ereignisse niemand vorhersagen kann, sind die Hauptgründe für Depressionen und den Verlust an Lebensmut und Lebensfreude. In schwierigen Zeiten potenzieren solche Gedanken den Grad der Schwierigkeit. Ob du in dreißig Jahren genug Rente zu überleben haben wirst, weiß niemand aus der heutigen Sicht. Denn, wer weiß schon, wie sich die Welt in den nächsten dreißig Jahren entwickelt? Also, vergeude deine Zeit nicht damit, deine Gegenwart an einer ungewisse Zukunft oder an einer längst abgelaufenen Vergangenheit zu verkaufen. Wer die Vergangenheit reflektiert und daraus lernt, in die Zukunft vertraut und in Jetzt und Hier lebt, hat keinen Grund für Sorgen und Trauer.

Quellen:

  • Divane Hafis, Ghazel Nr. 255. Deutsche Übersetzung: Hafis der modernen Zeit, übersetzt von Vincent Ritter von Rosemzweig-Schwannau; Herausgeber Dr. Ali Radjai, Universität Arak.

Das kleine schwarze Fischlein - Ein Liebesbuch

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